Kaum betraten wir die Brücke, als Sirenen aufheulten und die Kinder losplärrten. Ich sage zu ihnen: „Ihr könnt weinen und schreien, so viel ihr wollt – nur lauft und bleibt nicht stehen.“
Wir übernachteten bei meinem Sohn. Ich erinnere mich nicht einmal daran, wie wir die Wohnung betraten. Er erzählte mir dann, ich sei eingeschlafen und er habe mich einfach ins Haus gezogen und ins Bett gelegt. Ich erwachte in den Kleidern, in denen ich im Keller in Anatewka geschlafen hatte, und mit einer Maske auf dem Kinn. Das war sehr komisch… Am nächsten Tag ließ sich das Ministerium für Integration im Hotel nieder – dort, in Beer-Schewa.
Als wir uns fragten, wo wir wohnen würden, orientierte ich mich an den Bildungseinrichtungen, um die jüdische Erziehung beizubehalten, die die Kinder in der Ukraine erhalten hatten. Wir haben Freunde in Kirjat-Malachi – wir mieteten dort eine Wohnung, die Kinder gingen in die Schule, langsam richten wir uns ein.
Das Trauma ist natürlich nicht vorbei – immer wieder weint eines der Kinder. Wir hatten jetzt ein wunderbares Purim-Fest – die gesamte Stadt feierte, viele Clowns, Vergnügungen, Mahlzeiten, alles sehr schön. Und plötzlich warf Josef alles hin, lief nach Hause und schluchzte stark: „Mama, wie kann ich feiern, wenn die Kinder in der Ukraine sich kein Kostüm kaufen können, weder Mohntaschen probieren, noch Mischloach Manot (Süßigkeiten) bekommen, bei ihnen dort ist kein Purim, nur Explosionen.“ Er regte sich so auf, dass er alles hinwarf, was er geschenkt bekommen hatte – sagte, dass er überhaupt nichts wolle, sich nicht freuen könne, wenn so etwas passiert. Und gleichzeitig dachte er an seinen Vater und dass wir ohne ihn feierten. Wenn es den Kindern schlecht geht, denken sie sofort an Papa und das ist sehr schmerzhaft.