Montagmorgen kam ein Wagen und brachte uns zur Synagoge auf dem Tschekawizkastrasse. Sie nahmen uns bis Odessa mit. Dort übernachteten wir, um dann zur moldawischen Grenze zu fahren. Am Kontrollpassierpunkt Starokasatsche gab es Probleme: „Euch lassen wir ohne Problem durch, aber die Fahrer können wir nicht passieren lassen. Verabredet euch, dass von der moldawischen Seite der Bus eingeholt wird, während ihr zu Fuß über die Grenze geht. Die Mehrheit der Passagiere konnte dies tun, aber meine Mutter und das 26jährige Mädchen mit Infantiler Zerebralparese nicht.
Schließlich fuhren wir zu einem anderen Grenzübergang – dem Dorf Palanka. Dort warteten wir fast bis Mitternacht und als die Leute schon hysterisch wurden, kamen drei Busse und moldawische Grenzbeamte halfen die Liegenden hinüberzutragen. So fuhren wir in einem Frachtbus auf Decken bis Kischinau.
Moldauische Solidarität
In Moldawien brachte man uns in einem kleinen Hotel in der Nähe der Synagoge unter. Wir sind ihren Freiwilligen unendlich dankbar. Am nächsten Tag kamen Ärzte, untersuchten meine Mutter, fragten uns nach den Umständen der letzten Tage und ob wir medikamentöse Hilfe brauchten – keine Probleme, wenn ein Krankenhausaufenthalt notwendig sei – würden sie sie einweisen.
Ich erinnere mich noch. Wir bekamen hauptsächlich Makkaroni und meine Mutter hat Diabetes, sie darf sie nicht essen. Und man konnte nirgends kochen. Ich ging in den Supermarkt – Buchweizenflocken kaufen, die man nur mit heißem Wasser übergießen muss. Übrigens habe ich mich verlaufen und da kommt eine alte Frau auf mich zu. Ich erklärte ihr, dass ich nicht von hier sei, sondern aus Kyjiw und da fängt sie an: „Verflucht sei dieser Putin, verflucht sei dieser Krieg!“ Sie erzählt, dass ihre Schwester aus Tjumen (Westsibirien) ihr einrede, dass sie ausschließlich an militärischen Objekten „arbeiten“ und die Bürger nicht litten. „Komm du hierher, schau dir diese Kinder und Frauen an – sie sind nackt und barfüßig gekommen“, versuchte die „Moldawierin“ sie zu überzeugen. Dann fährt sie fort: „All das wird ein Ende haben, und ich weiß, dass es ein Ende haben wird und die Ukraine wird siegen – ich schicke meine Rente zum Wiederaufbau.“ Und dann holt sie einfach aus ihrer Geldbörse Geld – „Kauf“, so sagt sie, „ deiner Mutter, was sie braucht.“ Ich lehne ab, Gott sei Dank habe ich eine ukrainische Karte. „Nein“, sagt sie, „nimm, denn niemand weiß – da lebe ich im Zentrum von Kischinau und plötzlich muss ich mit nur einer Tasche von hier flüchten. Wenn ihr sie nicht aufhaltet, kann uns dasselbe passieren.“
Das stimmt, sie (Russland) verfügen schon über Transnistrien. Einerseits fühlst du dich als Bettler, andererseits wird dir klar, dass ein Mensch aus ganzer Seele bereit ist, mit dir zu teilen. Gott schickt dir solche Menschen. Es gibt viele Wunder, die man Zufall nennen kann – und trotzdem…
Auch um unser Hündchen haben sie sich gekümmert Sonja Sotnik half bei der Beschaffung eines Passes und den Impfungen, sie kontaktierte sofort einen Tierarzt, rief ein Taxi und bezahlte es… Der Arzt untersuchte ihn, machte ihm einen Chip, aber nach einigen Tagen begann der elfjährige Rüde zu husten – er war herzkrank. Ich rief Sonja wieder an – sie machte mir einen Termin bei einem Veterinär-Kardiologen, sprach persönlich mit dem Klinikchef, der ihr den richtigen Arzt an ihrem arbeitsfreien Tag besorgte. Und diese Ärztin kam extra, um meinen Hund zu untersuchen.