Verstecken Sie nicht etwa einen Soldaten der Streitkräfte der Ukraine?“ „Ja, da“, sage ich, „liegt ein Soldat“, ich zeige auf meine Mutter, „nehmen Sie ihn mit. Können Sie, nach allem was Sie mit uns gemacht haben, noch ruhig schlafen?“
Einmal führten Russen vor unseren Augen einige zwanzigjährige Jungen aus einem Keller, es waren Soldaten der Streitkräfte der Ukraine, sie waren in Zivil und waren hinter ihrer Kolonne zurückgeblieben. Auf meine Frage, was jetzt passieren würde, antworteten sie: wahrscheinlich würden sie erschossen. Ich weiß nur, dass die Jungen aus Winniza kamen, ihre Namen nannten sie nicht, sie hatten Angst, mir die Telefonnummern ihrer Mütter zu geben – ich wollte sie anrufen. Aber sie riskierten es nicht, man weiß ja nie…
Ein anderes Mal wurde ich fast zur Säuberung mitgenommen. Ich komme nach Hause und höre – draußen bringen sie deinen Mann weg. Ich sehe, wie mein Mann mit einem russischen Soldaten zum Eingang geht. Ich renne hinterher. Sie sind in die Wohnung hochgestiegen und ich frage, was sie denn eigentlich suchen. „Verstecken Sie Soldaten der Streitkräfte der Ukraine?“ „Ja, da“, sage ich, „liegt ein Soldat“, ich zeige auf meine Mutter, „nehmen Sie ihn mit. Können Sie, nach allem, was Sie mit uns gemacht haben, noch ruhig schlafen?“ „Sie sind zu gesprächig“, warf er mir an den Kopf, „jetzt gleich werde ich Sie zum Stab mitnehmen.“ „Tu das“, sage ich, „Ihr könnt mich auch erschießen, ich habe die Schnauze voll von euch.“ Da mäßigte er sich etwas, fragte, wo ich arbeitete. „Ich bin Mathematiklehrerin“, sage ich.
„Und in welcher Sprache unterrichten Sie?“
„In der Landessprache, natürlich.“
„Na, da sehen Sie es, also nicht auf Russisch.“
„Warten Sie mal, warum sollte ich auf Russisch unterrichten, wenn ich in der Ukraine lebe? Wenn die Kinder auf Russisch antworten, hat sie niemand deswegen unter Druck gesetzt.“
Er erwiderte: „Donezk hat es acht Jahre ausgehalten und ihr stöhnt schon nach drei Wochen.“
„Donezk ist meine zweite Heimat, Ich habe dort an der Universität studiert, dort lebt eine Freundin von mir, erzählt mir nicht, dass sie so beschossen wurden wie Mariupol. Was ihr mit uns macht – das ist einfach… Und er (ich zeige auf meinen Mann) hat seine Mutter und seinen Bruder verloren. Wofür?" Er ging schweigend hinaus.
Mein Sohn rief aus Israel unseren Rabbiner an und teilte ihm mit, wo wir uns befinden
Am selben Tag ging ich an einer zerbombten Apotheke vorbei – ich wusste, dass dort eine Toilette war, und ging hin. Die Tür war mit einem Stein versperrt. Da sehe ich mit Wasser gefüllte Flaschen stehen. Ich nahm eine. Und sofort stand ein Soldat der Volksrepublik Donezk mit einer Maschinenpistole vor mir: „Du Hündin und Diebin, stell sie hin!“ Und er reagierte sich so richtig an mir ab. Ich sagte: „Hör mal, mein Lieber. Ich bin also eine Hündin und Diebin, im eigenen Land? Ich habe in Quarantäne Fernunterricht gegeben, ich habe einen Universitätsabschluss, und was bist du für einer? Du bist zu uns gekommen, nicht ich zu dir. Ihr wart es, die aus uns Hunde und Diebe gemacht haben und Plünderer und Feuerwehrleute.“ Und er: „Ihr hättet überlegen müssen, wen ihr wählt!“ Meine Schwester sagt: „Eigentlich lebten wir in unserem eigenen Land, den wir wollten, wir haben gewählt, wen wir wählen wollten. Wie kommst du hierher?“