
Der Bürgermeister von Melitopol, Ivan Fedorov, der vom russischen Militär entführt wurde. Er wurde im Austausch gegen 9 russische Soldaten aus der Gefangenschaft entlassen.
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Melitopol ist eine besondere Stadt, die meisten hier sind für die Ukraine, aber es gab auch schadenfrohe Leute – hurra, Putin wird uns bald einnehmen. Und viele Verräter, von denen, die nahe an der Futterstelle waren, die im Vorstand arbeiteten und in den Stadt- und Regionalräten saßen. Viele Polizisten gingen in die Kommandantur und zur „Volksmiliz“.
Schon am ersten Abend erschienen die Russen in der Nähe von Melitopol – und das ist das Tor zur Krim. Dort ist die Landenge schmal, die Landstraße ist auf einer Böschung – zwei Autos kommen nur mit Mühe aneinander vorbei und so wurde die Brücke sogar nicht gesprengt. Sie sprengten keine der Brücken, obwohl alle vermint waren. Weil bis zum Abend in der Nähe von Melitopol schon eine russische Panzerkolonne stand, war die Stadt nicht geschützt.
Und morgens gingen sie über die Hauptstraße, direkt unter unserem Balkon marschierten die Kolonnen, alles bebte… In den ersten Tagen rührten sie niemanden an, außer dass sie die Autowerkstatt beschossen und einige Privathäuser niederbrannten. In der Stadt selbst besetzten sie den Sicherheitsrat der Ukraine, die Bezirksdienststelle und die Polizei. Aber dann begannen sie die Daumenschrauben anzuziehen. Der Vertreter des Chefs des Wehrkommandos ging zu ihnen mit Listen der Teilnehmer der „Anti-Terror-Operation“, als Bürgermeister setzten sie den Sekretär des Stadtrats Galin Daniltschenko ein.
Als die Bewohner von Melitopol zu proukrainischen Treffen zu gehen begannen, rückten die Russen heran, zuerst saßen sie nur auf dem Flugplatz, aber dann gingen viele von ihnen in die Stadt. Wir selbst gingen einmal zu einem derartigen Meeting und kannten viele dort. Dann wurden wir verjagt, sie schossen in die Luft, einigen fügten sie Beinverletzungen zu, erreichten aber keinen Abbruch. Aber das letzte Treffen lösten sie grausam auf, jagten den Teilnehmern nach, schlugen sie und verhafteten 50 Leute. Das geschah etwa zwei Wochen nach dem Beginn der Besetzung. Danach gingen die Leute nicht mehr hinaus.
Seit dem Erscheinen der Listen begannen sie Geschäftsleute, Aktivisten und Journalisten zu verhaften. Die Schuldirektoren veranlassten sie, auf das russische Lehrprogramm überzugehen und dabei dauerte das Unterrichtsjahr nur noch einen Monat. Sie verfassten Kündigungsschreiben, aber wurden festgenommen, zehn bis zwanzig Kilometer hinter die Stadt gebracht und dort freigelassen – so jagte man ihnen Angst ein. Unser Bürgermeister, Iwan Fedorow, wurde entführt und danach gegen russische Gefangene ausgetauscht.
Landwirte, die wir kannten, haben sie erschossen und ließen sie einige Tage nicht beerdigen
Der Stadtvorstand wurde sofort geplündert – Computer und Bürogeräte. Sportartikel stahlen sie, die Russen mussten Zivilkleidung anziehen. Sie mischten sich schnell unter die Menge, man fürchtete sich, auf der Straße etwas zu sagen – du weißt nicht, wer neben dir ist. Sie wechselten oft, zuerst waren die Soldaten der Volksrepublik Donezk da, dann kamen die Russen. Sie ernannten einen Kommandanten. Sie handelten eigenmächtig.