Der Bürgermeister von Melitopol, Ivan Fedorov, der vom russischen Militär entführt wurde. Er wurde im Austausch gegen 9 russische Soldaten aus der Gefangenschaft entlassen.
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Und morgens gingen sie über die Hauptstraße, direkt unter unserem Balkon marschierten die Kolonnen, alles bebte… In den ersten Tagen rührten sie niemanden an, außer dass sie die Autowerkstatt beschossen und einige Privathäuser niederbrannten. In der Stadt selbst besetzten sie den Sicherheitsrat der Ukraine, die Bezirksdienststelle und die Polizei. Aber dann begannen sie die Daumenschrauben anzuziehen. Der stellvertretende Chef des Wehrkommandos kam zu ihnen mit Listen der Teilnehmer der „Anti-Terror-Operation“, als Bürgermeister setzten sie die Sekretärin des Stadtrats Galina Daniltschenko ein.
Als die Bewohner von Melitopol begannen, zu proukrainischen Kundgebungen zusammenzukommen, rückten die Russen heran, zuerst saßen sie nur auf dem Flugplatz, aber dann gingen viele von ihnen in die Stadt. Wir selbst gingen einmal zu einer derartigen Kundgebung und sahen dort viele Bekannte. Dann wurden wir verjagt, sie schossen in die Luft, einigen fügten sie Beinverletzungen zu, schossen aber nicht mit Tötungsabsicht. Aber die letzte Demonstration lösten sie gewaltsam auf, jagten den Teilnehmern nach, schlugen sie und verhafteten 50 Leute. Das geschah etwa zwei Wochen nach dem Beginn der Besetzung. Danach gingen die Leute nicht mehr hinaus.
Seit dem Erscheinen der Listen begannen sie Geschäftsleute, Aktivisten und Journalisten zu verhaften. Die Schuldirektoren wurden gezwungen, auf das russische Lehrprogramm überzugehen, dabei blieb nur noch ein Monat bis Ende des Schuljahres. Sie verfassten Kündigungsschreiben, aber wurden festgenommen, zehn bis zwanzig Kilometer aus der Stadt gebracht und dort freigelassen – so jagte man ihnen Angst ein. Unser Bürgermeister, Iwan Fedorow, wurde entführt und danach gegen russische Gefangene ausgetauscht.
Landwirte, die wir kannten, haben sie erschossen und ließen mehrere Tage nicht zu, sie zu beerdigen
Das Exekutivkomitee der Stadt wurde sofort geplündert – Computer und Büroausstattung. Auch Sportartikel wurden gestohlen – die Russen mussten Zivilkleidung anziehen. Sie mischten sich schnell unter die Menge, man fürchtete sich, auf der Straße etwas zu sagen – du weißt nicht, wer neben dir ist. Sie wechselten oft, zuerst waren die Soldaten der Volksrepublik Donezk da, dann kamen die Russen. Sie ernannten einen Kommandanten. Sie handelten eigenmächtig.